Neulich bin ich über einen Bericht zu sog. Chemtrails gestolpert. Anhänger dieser Verschwörungstheorie glauben, dass geheime Organisationen mit Hilfe von Flugzeugen fein zerstäubte Chemikalien in die Atmosphäre einbringen, um damit das Klima oder das Leben von Menschen zu beeinflussen. So absurd der Gedanke, dass unbekannte Mächte schädliche Substanzen versprühen, so verlockend die Idee, auf diese Weise etwas Gutes in die Welt zu bringen. Da ich ungeduldig bin und die Sache mit den Fliegern aus meiner Sicht dauern kann, kam ich nicht umhin zu fragen, wie man auch ohne derartige Hilfsmittel z.B. etwas mehr Freundlichkeit in der Welt versprühen könnte.
Üblicherweise wird in diesem Fall empfohlen, die Regeln allgemeiner Höflichkeit (wie das Grüßen beim Betreten des Raumes oder das Übermitteln von Geburtstagsgrüßen) zu achten, Augenkontakt zu suchen und stets zu Lächeln. Das alles ist in der Tat nett, aber leider auch zwiespältig. Höflichkeit kann kühl rüberkommen, das Lächeln unpassend sein. Die Gesten solcher Nettikette sind zwar Schmierstoff im Zusammenleben und gewiss besser als nichts. Aber machen sie die Welt zu einem besseren Ort? Ich glaube, dass es etwas anderes braucht, wenn man herzerwärmende, möglicherweise die Welt verändernde Freundlichkeit versprühen möchte. Daher hier ein paar Vorschläge für das, was ich, ganz unbescheiden, mal Lovetrails nennen will:
Flirten Sie, was das Zeug hält. Richtig gelesen. Ein Flirt ist ein Ausdruck von Freundlichkeit, jedenfalls dann, wenn er gut ist. Er ist dazu geeignet dem Gegenüber zu zeigen, dass er oder sie attraktiv, liebens- und begehrenswert ist und hat das Zeug, das Selbstwertgefühl zu stärken. Gut zu flirten ist keineswegs manipulativ, sondern bringt kultiviert zum Ausdruck, dass es eben nicht zum Äußersten kommen wird. Ein guter Flirt ist freundlich, weil er in Verbundenheit eine Tür aufstößt, um zu schauen was sein könnte und in derselben Verbundenheit Grenzen wahrt und die geöffnete Tür nicht durchschreitet.
Vorschlag Nummer zwei: Hören Sie auf zu meckern. Leider ist es so, dass ständig schimpfende Menschen anderen auf die Nerven gehen. Sie können das Ihren Mitmenschen freundlich ersparen, indem Sie sich fragen, was Sie wirklich so auf die Palme bringt. Tatsächlich regen wir uns im Außen gerne über das auf, was uns im Inneren an uns selbst am meisten stört. Statt uns unseren seelischen Verletzungen und Schatten zuzuwenden, arbeiten wir uns an scheinbar objektiven Gegebenheiten im Außen ab. Freundlich wäre, die Gesprächspartner nicht auf getarnte Weise in die eigenen Abgründe zu zerren, sondern erst einmal uns selbst einzugestehen, welche Kränkung noch unverarbeitet ist. Und dann schlicht und ergreifend offen zuzugeben, an welchen Stellen wir uns verwundbar und falsch fühlen.
Das führt zum nächsten Punkt: Sprechen Sie auf nette Art über sich selbst. Gemeint ist nicht die Kunst der subtilen Andeutung von Dingen, auf die Sie stolz sind. Vielmehr geht es darum, freundlich auf eigene Schwächen zu blicken. Sich tröstend vor Augen zu führen, dass auch andere schwach sind und Probleme im Leben haben, selbst wenn das auf den ersten Blick oft ganz anders aussieht. Und es geht darum, die eigene Verletzlichkeit einzuräumen. Das ist nicht ganz einfach. Nicht nur, weil es darum geht, Scham zu überwinden und sich ggf. der Lächerlichkeit preiszugeben. Vor allem, weil der Grat zum Fishing for Compliments so schmal ist. Also bitte kein „Meine größte Schwäche ist mein Perfektionismus“, sondern eher ein Eingeständnis wie „Trotz aller Anstrengungen läuft mein Business auch nach Jahren nur mittelmäßig und ohne die Hilfe von anderen könnte ich nicht davon leben.“. Etwas, das das Potential hat, demütigend zu sein, geriete es in die falschen Hände.
Und schließlich: Machen Sie sich das Wissen um die Diskrepanz zwischen innen und außen zu eigen und seien Sie unvoreingenommen. Akzeptieren Sie, dass es Unterschiede gibt zwischen dem was Menschen – auch Sie! – denken und dem, was sie sagen. Seien Sie so wohlwollend davon auszugehen, dass neben all den Schlechtigkeiten auch viel Gutes in einem Menschen stecken kann. Gehen Sie davon aus, dass wir alle uns bessern und entwickeln können. Nicht trotz, sondern gerade weil wir um die gekränkten Teile unserer Seele wissen.
Ich bin fest davon überzeugt: Gelingt auch nur einer dieser Punkte, hinterlässt das Spuren. Und zwar ganz und gar positive.