Neulich war ich für ein Training bei einem Kunden in München. Am Rande des Mittagessens kamen die Teilnehmer ins Gespräch über die Unbilden der Wohnungssuche im allgemeinen und den Münchner Wohnungsmarkt im Besonderen. Da war einer, der nach etlichen erfolglosen Massenbesichtigungen ins knapp 80 Kilometer entfernte Augsburg zog. Ein anderer war vor einem halben Jahr mit seiner Familie aus Thüringen nach München gekommen. Um die Miete für ein kleines Haus am Stadtrand zahlen zu können, hat seine Frau ihre Arbeitszeit auf 100% aufgestockt und auch gleich in die Nacht verlegt. Denn ein Kita-Platz für die 2jährige Tochter war auch nicht zu bekommen. Und schließlich war da die gerade getrennte Frau, alleinerziehend mit zwei Kindern und Katze, die seit einem halben Jahr darauf wartete, auch nur einmal zu einer Besichtigung eingeladen zu werden. Der unfreiwillige Augsburger schluckte und sagte: „Mir war gar nicht klar, wie leicht ich es eigentlich hatte!“. Und ich kam ins Grübeln: War die Situation des Mannes tatsächlich leichter als die der anderen? Immerhin verbrachte er nun täglich fast drei Stunden mit Pendeln. Werden manche Dinge leichter, weil andere es (noch) schwerer haben? Und: Können Vergleiche mit anderen tatsächlich dabei helfen, die Dinge leichter zu nehmen?
Um eines klar zu stellen: Die Rede ist nicht von Schicksalsschlägen und ausgewachsenen Lebenskrisen. Ich rede von den Mühen und Beschwerlichkeiten, die das Leben so mit sich bringt und die geeignet sind, uns schlechte Laune zu machen, unsere Stimmung zu drücken, Energien zu fressen, kurz: Uns die Leichtigkeit und Sorglosigkeit zu rauben.
Doch auch bei Dingen, die vielleicht nicht existenziell, aber doch schwierig sind, liegt die Antwort auf die Frage was leicht und was schwer ist im Erleben des Betroffenen. Das subjektive Empfinden entscheidet darüber, ob etwas als leicht erlebt wird oder nicht. Von daher verbietet sich eigentlich jeder Vergleich von selbst. Trotzdem schielen wir nur zu gern auf andere, und das insbesondere dann, wenn sie es vermeintlich viel leichter haben als wir.
Hier liegt ein Risiko der Vergleicherei: Wir schneiden in unserer Betrachtung schlechter ab, sind ärmer dran und können uns selbst bedauern. Auch wenn Selbstmitleid hin und wieder Balsam für die Seele ist: Dauerhaft erleichternd wirkt es nicht. Genauso wenig wie ein Vergleich, der quasi zum Wettbewerb wird und nicht lösungsorientiert ist. Dies ist eher destruktiv, schafft Schwere. Helfen, also Leichtigkeit verschaffen, könnte aber ein Betrachten und Befragen des anderen, das nach Beispielen für Verhaltensmuster und Lösungswegen sucht und damit aus Lähmung und Hilflosigkeit herausführt. Vergleiche mit anderen können Leichtigkeit verschaffen, wenn sie uns die Augen für unsere eigenen Potenziale öffnen und so unsere Handlungsfähigkeit stärken.
Und das ist Risiko Nummer zwei beim Vergleichen: Schneiden wir tatsächlich mal besser ab als die anderen, liegt es nahe, das eigene Problem so zu relativieren oder zu bagatellisieren, dass wir unsere Problemlösestrategie nicht mehr als Ressource würdigen können. Wir verspüren vielleicht eine gewisse Erleichterung darüber, dass es uns nicht schlimmer getroffen hat. Das ist aber etwas anderes, als Leichtigkeit zu gewinnen, insbesondere für die künftige Bewältigung ähnlicher Probleme. Statt erleichtert zu sein, könnten wir aber z.B. dankbar sein. Dafür, dass wir handlungsfähig waren, weil uns die richtige Idee im richtigen Moment gekommen ist oder weil wir die richtigen Leute um Hilfe gebeten haben. Oder dafür, dass wir schlicht Glück hatten.
Leichtigkeit findet sich dort, wo wir sorgenfrei und mühelos leben können. Leider gehören Sorgen und Mühen aber zum Leben dazu. Eine Haltung, die dies anerkennt und gelassen nimmt, legt einen guten Grundstock an Leichtigkeit im Leben. Darauf zu vertrauen, dass wir Wege finden, Hürden zu meistern – nicht zuletzt, weil wir uns als handlungsfähig erleben – und dankbar dafür zu sein, wenn man Wege gefunden hat, bauen diesen weiter aus. So gesehen geht es nicht darum, ob andere es leichter oder schwerer haben als wir, ob wir besser oder schlechter abschneiden als sie. Es geht darum, ob es uns gelingt, aus dem Vergleich mit anderen Gelassenheit, Vertrauen und Dankbarkeit zu ziehen. Dann, immerhin, hat die Leichtigkeit eine Chance, gut abzuschneiden.