Eine Freundin von mir überlegt, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Obwohl wir in Berlin leben geht es nicht um selbstgemachte Handtaschen. Aber immerhin: Es geht um Mode, genauer gesagt um Vintage-Mode und damit kennt meine Freundin sich wirklich gut aus. Ihr Kleiderschrank ist zu 80% mit phantastischen Teilen aus zweiter Hand bestückt und sie ist einfach immer toll gekleidet. Sie ist Dauergast auf Flohmärkten, tummelt sich in etlichen Second Hand-Foren und kauft und verkauft bereits sehr rege ihre Garderobe im Worldwide Web und hat einen Riesenspaß dabei. Deswegen – und zugegeben auch wegen weiterer günstiger Rahmenbedingungen, die sie aktuell für eine Unternehmensgründung vorfindet – hätte das Vorhaben „Second Hand-Shop“ auch angesichts einer nicht gerade überwältigend neuen Geschäftsidee eine gewisse Aussicht auf Erfolg.
Dennoch hat sie Zweifel. Was anderen erst den nötigen Schubs gibt, ein Business zu starten – die Chance, aus einem geliebten Hobby einen Beruf machen zu können - hält sie davon ab. Ihre Frage: Könnte es sein, dass das, was als Hobby pure Lust ist, als Job zur Last wird? Verliert ein Hobby an Leichtigkeit, wenn es zum Beruf wird?
Wenn man sich mal in der Blogger-Szene umschaut, in der sehr viele eine Freizeitbeschäftigung in ein Geschäftsmodel gegossen haben, wird man kaum jemanden finden, der nicht davon schwärmt, wie wundervoll es ist, der Leidenschaft nun in beruflichem Rahmen frönen zu können. Untermauert scheint dies von verschiedenen Motivationstheorien, die davon ausgehen, dass allein die intrinsische Motivation, etwas vereinfacht gesagt der Spaß an der Sache und der mit dem Inhalt der Tätigkeit verbundene Sinn, Menschen antreiben kann, echte Leistung zu bringen. Dinge, die Spaß machen, sind, wenn auch nicht unbedingt völlig mühelos, eben leichtgängig. Ihre Leichtigkeit liegt nicht zuletzt im Glücksempfinden bei der Ausübung einer Tätigkeit. Diese Betrachtung könnte zu der Annahme führen, dass für meine Freundin keine Gefahr besteht: Geliebte Tätigkeit ist geliebte Tätigkeit und damit „leicht“.
Allerdings wäre dies ein wenig zu kurz gedacht, denn: Neben dem Was spielt immer auch das Wie eine Rolle. Auch dies bestätigen Motivationsstheoretiker. Ob wir etwas motiviert, sprich gerne oder mit Leichtigkeit tun, hängt neben dem Inhalt z.B. auch von der damit verbundenen Anerkennung und dem Erfolg ab - beides weitere intrinsische Motivationsfaktoren. Ganz zu schweigen von extrinsischen Faktoren wie dem Arbeitsumfeld, Beziehungen am Arbeitsplatz und Rahmenbedingungen wie Autonomie oder Unterstützung. Und genau hier liegt ein wesentlicher Unterschied zwischen Arbeit / Beruf und Hobby, der die Arbeit tendenziell „schwer“ und das Hobby eher „leicht“ erscheinen lässt: Es ist der Unterschied zwischen Müssen und Dürfen.
Aus meiner Sicht besteht die Leichtigkeit des Hobbys neben dem genannten Glücksempfinden gerade darin, etwas tun zu dürfen, aber eben nicht tun zu müssen. Es ist unbeschwert und leicht, weil frei von Verpflichtungen und Abhängigkeiten. Man kann es tun wann man will und meist auch wie man will. Ohne die (wirtschaftliche) Existenz zu verlieren, kann man es aufgeben, wenn man es nicht mehr mag. Es ist, so gesehen, frei von Erfolgsdruck und überdies frei von all jenen Tätigkeiten, die eben dazu gehören, wenn man die Handtasche nicht nur nähen, das Kleid nicht nur tragen, das Bild nicht nur malen, sondern all das auch verkaufen will, um vom Erlös leben zu können. Das Hobby kennt den Luxus, sich ganz und gar auf eine Sache konzentrieren zu können. Neben der Freiheit ist es der totale Fokus, der das Hobby quasi fliegen lässt und ihm Leichtigkeit verleiht.
Dieser Fokus ist im Beruf so nicht gegeben. Wir üben ihn in der Regel nicht (nur) um seiner selbst willen aus, sondern um unseren Lebensunterhalt zu verdienen. Wir wollen, benötigen sogar, eine Gegenleistung. Dies stellt uns in ein System und in Beziehungen, die es für die reine Ausübung der geliebten Tätigkeit vielleicht gar nicht bräuchte. Und diese Abhängigkeit verleiht dem Beruf eine gewisse Schwere, die auch die Liebe zur Aufgabe an sich belasten kann.
Für meine Freundin heißt das, dass tatsächlich ein Risiko besteht, dass ihr Hobby an Unbeschwertheit verliert. Zugleich besteht aber auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ihre Arbeit an Leichtigkeit gewinnt. Denn neben der Freiheit in der Entscheidung über die Berufswahl hat auch die Leichtigkeit des Hobbys auf der Waage der Arbeitszufriedenheit durchaus Gewicht. Es ist das Gewicht des empfundenen Glücks und der Zufriedenheit mit der Tätigkeit an sich.